Die einen wollen einfach nur rechtliche Sachverhalte fachlich korrekt und präzise auf den Punkt bringen: Angestellte, Richter und Beamte in öffentlichen Verwaltungen. Doch für die anderen – Menschen, die sich außerhalb von Behörden, Dienststellen und anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes befinden – klingt das oft unverständlich oder es ist schwer zu verstehen: Behördendeutsch eben.
Viele Fachbegriffe aus deutschen Verwaltungen sorgen für Verwirrung oder im besten Fall für Schmunzeln in der Bevölkerung. Auch im Jahre 22 nach dem Jahrtausendwende. Denn wer denkt bei „Spontanvegetation“ schon an schnödes Unkraut oder assoziiert „polizeiliche Biosensoren“ nicht zuerst mit Kamerakontrollsystemen anstatt an einen Spürhund zu denken?
Behördendeutsch ist dazu oft genug noch unfreiwillig komisch, wird sogar von den MItarbeitenden bundesdeutscher Verwaltungen gelegentlich als peinlich empfunden. Das ergab eine Unfrage des Verwaltungsnetzwerks Deutschnland aus dem letzten Jahr. Die Behörden-Insider aus den Amtsstuben wurden bei dieser Gelegenheit auch gebeten, die Top 5 der unsinnigsten Wortschöpfungen ihrer Zuständigkeitsgebiete zu wählen und das kam dabei heraus:
Platz 5 = „Lichtraumprofil“ (= der von Pflanzenbewuchs freizuhaltende Teil von Straßen und Bahnstrecken)
Platz 4= „Restmüllbehältervolumenminderung“ (= Müllvermeidung)
Platz 3 = „unrechtmäßige Besitzumstrukturierung“ (= so sieht das Behördendeutsch einen Diebstahl)
Platz 2 = „nicht lebende Einfriedung“ (= nichts anderes als ein Zaun)
Platz 1 = „Die aus versorgungsrechtlicher Sicht stärkste Form der Dienstunfähigkeit“ (= kaum zu glauben, aber das steht für den Tod eines Soldaten)
Natürlich hat jedes berufliche Spezialgebiet, jede Sportart oder wissenschaftliche Arbeit eine große Anzahl an Fachwörtern, doch haben es die Bürgerinnen und Bürger nicht so oft mit solche Kunstbegriffen zu tun, sondern erhalten quasi rund um die Uhr Bescheide von Verwaltungen mit Textbegriffen, die oft nur aus der Not heraus entstanden sind, schwierige Sachverhalte aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit zu definieren.
So ist bekannt, dass es viele Wortschöpfungen in Amtsdeutsch nur deshalb git, damit Richter verstehen sollen, wovon Verwaltung eigentlich redet. Und man hat hier leicht den Eindruck, dass es kaum jemanden interessiert, ob der Otto-Normal-Bürger die Dinge versteht. Beispielsweise, dass mit einer „trübwasserführenden Geländefurche“ ein Bach gemeint ist.
Was fehlt und daher dringend geboten scheint, ist, dass Verwaltungsmenschen ihren behördlichen Sprachgebrauch kontinuierlich daraufhin prüfen sollten, ihn an die Bedürfnisse der Empfänger anzupassen und deutlich klarer zu gestalten. Einige Verwaltungen machen dies bereits und durchforsten Bescheide ihrer Mitarbeitenden konsequent nach Formulierungen mit unverständlichen Ausdrücken, um diese zu ersetzen oder klarzustellen.
Das geht aber nicht immer, weil es schlichtweg Formulierungen gibt, die „man“ sich nicht selbst ausgedacht hat, sondern von übergeordneten Landes- oder Budesbehörden vorgeschrieben werden. Doch immer Rechtssicherheit und Rechtsklarheit als Verhinderer einer Veränderung von amtsdeutschen Begriffen vorzuschieben hilft niemandem. Ich beispielsweise habe schon lange Abschied genommen von Schachtelsätzen wie „Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Fertigstellung der Erschließungsanlage nach §127 Abs. 2 Nr. 1 Baugesetzbuch inklusive Mittelinsel und Schrammbord“. Bei mir ging es stattdessen in Briefen um das, „…was für die Herstellung Ihrer Straße zu zahlen ist.“
Dieser Artikel von Rainer W. Sauer wurde zuerst am 18.01.2022 auf dem Blog & Podcast „Über den Umgang mit Veränderung“ veröffentlicht.