Verschwörhaus Ulm: Das Projekt galt bundesweit als Leuchtturm für die Zusammenarbeit zwischen digitaler Zivilgesellschaft und städtischer Verwaltung, schreibt Markus Reuter für netzpolitik.org. Doch davon sei jetzt nur noch ein Scherbenhaufen übrig, nachdem die Stadt Ulm die Schlösser zum „Verschwörhaus“ austauschen ließ. Es ist der vorläufige Höhepunkt der Eskalation zwischen der städtischen verwaltung auf der einen Seite und dem ehemaligen Leuchtturmprojekt für Digitalisierung auf der anderen, und er fragt:. Wie konnte das passieren?
Ab 2015 war das Verschwörhaus vor allem als erfolgreiche Zusammenarbeit von Verwaltung und Ehrenamtlichen bekannt gewesen. Entstanden auf Initiative von Menschen aus der ProgrammiererInnen-, Open-Data- und Maker-Szene. Die Stadt bezahlte die Räumlichkeiten, Ehrenamtliche gründeten den Verein Verschwörhaus e.V. und entfalteten zahlreiche Aktivitäten rund um die Digitalisierung. Zusätzlich wurde auf Seiten der Stadt eine Projektstelle geschaffen, die die Zusammenarbeit koordinierte.
Dies sei Kommunikation auf Augenhöhe gewesen, wie der Netzjournalist schreibt. Man saß Tür an Tür, auf dem kurzen Dienstweg wurde über städtische Projekte der Digitalisierung geredet. Der Koordinator der Stadt verstand die Menschen im Verschwörhaus und das Projekt. Ein Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2020 formulierte echte Selbstverwaltung als Ziel, worauf der Kern der Gruppe von 30 bis 40 Personen nicht nur zahlreiche Veranstaltungen organisierte, sondern der Stadt auch maßgeschneiderte Softwarelösungen baute wie Big Blue Button Ulm. Kürzlich erst stellte der Verein innerhalb kürzester Zeit ein Internetcafé für ukrainische Geflüchtete auf die Beine, alles im Ehrenamt. Quasi als Bonus gab es sogar noch einen Lastenradverleih vor Ort.
Doch die Zusammenarbeit von Stadt und Verein wurde von Monat zu Monat heftiger belastet, argumentiert der Verschwörhaus e.V., da die Ehrenamtlichen eine zunehmende Anspruchshaltung der Verwaltung registrierten. Man habe sich als „Gratis-Consultants“ gefühlt, erzählt einer, der schon früh beim Projekt dabei war. Die Stadt habe mit der Erfolgsgeschichte immer mehr millionenschwere Förderprojekte an Land gezogen und das Verschwörhaus instrumentalisiert, ging viel zu oft unabgesprochen mit dem Projekt hausieren. Nachdem es hieran zuletzt heftige Kritik gab, war das Vertrauen gänzlich dahin, als sich die Stadt den Namen „Verschwörhaus“ und das Logo des Projektes beim europäischen Markenamt EUIPO für sich selbst hatte registrieren lassen. Indes: der Name „Verschwörhaus“ war laut den Ehrenamtlichen ihre Erfindung und nicht die der Stadt. Der Verein wandte sich hilfesuchend an das EUIPO.
Das wiederum verärgerte die Stadt Ulm: sie knüpfte die weitere Nutzung des Hauses und den Nutzungsvertrag mit dem Verein an eine Rücknahme des Widerspruchs. Die Mitgliederversammlung des Vereins lehnte Anfang Juni ab, den Widerspruch beim Markenamt zurückzunehmen. Deshalb sah sich die Stadt (Zitat) „zum Handeln gezwungen“, kündigte die Zusammenarbeit von Verein und Verwaltung auf und bat das Projekt, sich innerhalb eines Monats ein neues Zuhause zu suchen.
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