Fr. Mrz 29th, 2024

Steigende Preise auf dem internationelen Energiemarkt stellen momentan nicht nur private Stromanbieter mit kurzfristigem Beschaffungsauftrag auf die Probe, sondern auch viele Stadtwerke. Bereits im vergangenen Dezember hatten zahlreiche Stadtwerke in einer Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) von ungeplanten Kundenzuwächsen berichtet – mehr als die Hälfte im dreistelligen Bereich, so der VKU. Die meisten von ihnen würden der Umfrage nach einen teureren Grundversorgungstarif für Haushaltsneukunden ins Auge fassen, um die höheren Spotmarktpreise weiterzugeben, wobei noch unklar ist, wie diese Tarife nach einem Absinken der Spotpreise in die auf Langfristigkeit ausgerichteten Tarife für Bestandskunden übergehen werden.

Doch gibt es darüber hinaus noch weit drastischere Folgen für einige kommunale Versorger, berichtet der kommunals Spitzenverband, wie das Beispiel der Stadtwerke Bad Belzig GmbH (StwBB) aus Brandenburg zeige. Weil man sich dort bei Warenterminwetten an der Strombörse verzockt hatte, ging die StwBB Ende 2021 insolvent und dies müssen jetzt deren Kunden und Kundinnen mit drastisch erhöhten Preisen für Strom und Fernwärme ausbaden – inmitten eines Marktes, bei dem viele Anbieter sich sogar weigern, neue Kunden aufzunehmen. Zwar hat das Amtsgericht Potsdam inzwischne das vorläufige Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bestätigt, womit das operative Geschäft in den Händen der beiden kommisarischen Geschäftsführer bleibt; geschasst wurde der frühere Geschäftsführer, dessen Fehlentscheidungen die Stadtwerke in die „wirtschaftliche Schieflage“ gebracht hatten, wie Bürgermeister Roland Leisegang gegenüber dem ZDF erklärte. Da die Aufnahme von Fremdmitteln zur Durchführung von Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nach dem StaRUG aber scheiterte, musste sich der Bad Belziger Stadtrat nun für einen Massekredit über 1,6 Mio. Euro zur Sanierung im Eigenverwaltungsverfahren entscheiden, wobei insbesondere das Gasgeschäft des Versorgers im Fokus stehe, so die Stadt. Nun zahlen auch die Bürgerinnen und Bürger von Bad Belzig für die Fehlentwicklung.

Wichtg zu wissen: Die Insolvenz in Eigenverwaltung wird nach Angaben der StwBB zwar von der Geschäftsführung durchgeführt, der jedoch ein sogenannter Sachwalter zur Seite steht – hier der Berliner Rechtsanwalt Dr. Jürgen Spliedt, wobei in speziellen Fragen der insolvenzrechtlichen Geschäftsführung darüber hinaus RA Joachim Voigt-Salus und Unternehmensberater Simon Leopold die StwBB beraten.

Man wolle die Eigenverwaltungschance nutzen, um gegenüber den Gläubigern, allen voran der Energiekonzern Vattenfall, Verzichte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens durchzusetzen, so Leisegang zum weiteren Verfahren, nach dessen Abschluss die Stadtwerke Bad Belzig wieder „über eine gesunde bilanzielle Verschuldenssituation und über einen profitablen Geschäftsbetrieb verfügen“ sollen, wie der Bad Belziger Bürgermeister erklärte. Offenbar lägen bereits einige Angebote zum Kauf der insolventen Stadtwerke vor, doch angesichts eines Schuldenberges von geschätzten 30 Mio. Euro (bei einem Eigenkapital, das mit rund 7,5 Mio. Euro angegeben ist) scheint der kommunale Versorger nicht leicht zu verkaufen sein. Nach übereinstimmenden Presseberichten stehen die StwBB allein bei Vattenfall mit bis zu 22,5 Mio. Euro Minus zu Buche.

Sehen Sie in der ZDF Mediathek diesen Videobericht über die Insolvenz der SWBB.

Geschrieben von und © 2022 für die Initiative VERWALTUNGSNETZWERK DEUTSCHLAND | www.verwaltungsnetzwerk.info

(…unter Verwendung von Angaben des VKU und der StwBB)